Buchpräsentation und Lesung des Buchs „Die stachelige Schönheit der Welt“ mit dem kolumbianischen Schriftsteller Tomás González im Literaturhaus Stuttgart

Tomás González ist der große kolumbianische Erzähler nach Márquez: Sein neuer Geschichtenband beweist es. (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

Zur Vorgeschichte
Im Dezember 2021 wandte sich mein Freund, der Übersetzer Peter Schultze-Kraft, erstmals mit der Idee an mich, im September 2022 Tomás González für zwei Lesungen nach Deutschland zu holen, wobei eine Lesung in Hamburg und eine in Stuttgart vorgesehen war. Diese Chance, Tomás González noch einmal und wahrscheinlich letztmalig nach Stuttgart zu holen, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Der Deutsch-Kolumbianische Freundeskreis hatte ihn ja schon einmal vor 14 Jahren zu einem Leseabend nach Stuttgart eingeladen, wo er und Peter Schultze-Kraft aus seinem Buch „Die Teufelspferdchen“ ausgewählte Texte vorlasen (siehe auf dieser Homepage Rubrik Kultur, 28.10.2008: „Buchbesprechung und Lesung des Buchs „Die Teufelspferdchen“ mit dem kolumbianischen Schriftsteller Tomás González – Ein Rückblick“). Dieser Leseabend damals war für uns Kolumbienfreunde ein großes und unvergessliches Erlebnis.

Und natürlich haben wir uns, nachdem die Termine der Lesereise im Juni 2022 feststanden, sogleich an die Vorbereitung und Bewerbung dieser Veranstaltung gemacht. Als Reiseplan war jetzt unter Aufnahme weiterer Orte vorgesehen:

05.09.2022: Hamburg, Hapag-Lloyd,
09.09.-11.09.2022: Hall in Tirol, Sprachsalz Literaturfestival,
12.09.2022: Stuttgart, Literaturhaus,
20.09.2022: Zürich, Literaturhaus.

Es ist uns auch gelungen, wie von Peter Schultze-Kraft angeregt, unseren kolumbianischen Vereinsfreund Luis Carlos Reyes für eine Weinpräsentation im Literaturhaus Stuttgart zu gewinnen.

Unser Literarischer Abend am 12.09.2022 im Literaturhaus Stuttgart
Dank der intensiven Bewerbung dieser Veranstaltung durch den Deutsch-Kolumbianischen Freundeskreis, aber auch durch das Konsulat, war dieser Abend außergewöhnlich gut besucht. Es erschienen ca. 70 Gäste und es mussten noch zusätzliche Stühle aus den Nebenräumen herbeigeschafft werden. Die Leiterin des Literaturhauses Frau Dr. Stephanie Stegmann stellte in ihrer Begrüßungsansprache Tomás González vor und beschrieb auch die Stationen seines Lebens, die für das Verständnis seiner Erzählungen von großer Bedeutung sind. In meinem Grußwort habe ich Peter Schultze-Kraft vorgestellt und an den Leseabend mit Tomás González zu seinem Buch „Die Teufelspferdchen“ im Jahr 2008 sowie an den Literarischen Kolumbienabend im Jahr 2013, an dem die Anthologie Peter Schultze-Krafts „Reise an die Küste“ mit der Titelgeschichte von Thomás González vorgestellt wurde, erinnert. Peter Schultze-Kraft, der die Herausgabe von González' Werk in deutscher Sprache seit 2003 betreut, moderierte die Veranstaltung. Er verstand es meisterhaft, den Autor dem Publikum sowohl in literarischer wie in menschlicher Hinsicht näher zu bringen. Schultze-Kraft belegte González' Leitmotiv, dass die Extreme - Licht und Schatten, das Schöne und das Schreckliche, Leben und Tod - unweigerlich zusammengehören und zwei Seiten derselben Medaille sind, mit mehreren Zitaten aus dessen Werk sowie zwei Gedichten, die mit González' Familiengeschichte zu tun haben. Das Gespräch zwischen Moderator und Autor brachte viel Wissenswertes zu González und seinem Werk ans Licht: die Motivation seines Schreibens, sein Verhältnis zum Nobelpreisträger Gabriel García Márquez, die Bedeutung der Natur in seinem Werk, seine gegenwärtigen Lebensumstände am und auf dem Stausee von Guatapé, die Schwierigkeiten mit seinem jüngsten literarischen Projekt ... Als Höhepunkt des Abends las Johannes Wördemann, ein professioneller Sprecher, der für Hörfunk und Fernsehen arbeitet, zwei Erzählungen aus González' Band Die stachelige Schönheit der Welt vor: "Glühwürmchen" und "Azaleenblüte".Er bot uns dabei einen seltenen Hörgenuss bei seinen kunstvollen, aber auch emotionalen Rezitationen. Tomás González und sein Übersetzer beantworteten auch Fragen aus dem Publikum. Am Ende der Lesung signierte er noch seine Bücher für seine begeisterten Zuhörer.

Als Dankeschön und zur Erinnerung an diesen großartigen Leseabend haben wir Tomás González einen Porzellandekanter in Gestalt eines Don Quijote überreicht, hergestellt von einer kleinen Manufaktur in Bogotá. Seinem Übersetzer Peter Schultze-Kraft übergaben wir einen Porzellandekanter in Gestalt eines Gabriel García Márquez. Beide haben sich über diese ungewöhnlichen Präsente sehr gefreut.

Danach waren alle noch zu einem Glas Wein eingeladen. Luis Carlos Reyes, der wohl einzige kolumbianische Önologe in Deutschland, kredenzte uns seine hervorragenden Weine der Winzergenossenschaft Winzer vom Weinsberger Tal, für deren Qualität er als Kellermeister mitverantwortlich zeichnet.

Für die Veranstaltungsbesucher war dies ein großartiger Abschluss eines unvergleichlichen Abends: Gute Gespräche zwischen Kolumbianern, Kolumbienliebhabern und Literaturfreunden bei einem Gläschen Wein, ausgeschenkt und kommentiert vom kolumbianischen Kellermeister.

Gerald Gaßmann